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Ärger mit der Städtebahn geht weiter

Der Zugverkehr zwischen Neustadt und Sebnitz bleibt länger gekappt. Auch auf anderen Abschnitten fallen Bahnen aus.

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© Dirk Zschiedrich

Von Maik Brückner und Nancy Riegel

Neustadt/ Sebnitz. Fährt sie oder fährt sie nicht? Diese Fragen stellen sich Zugreisende an den Bahnhöfen von Pirna und Neustadt immer häufiger. Der dauerhafte Schienenersatzverkehr zwischen Neustadt und Sebnitz ist mittlerweile bekannt. Dass aber auch zwischen Pirna und Neustadt Busse statt Züge fahren, erfahren Reisende oft erst dann, wenn sie bereits am Gleis stehen. Wenn überhaupt, teilt die Städtebahn den Schienenersatzverkehr nur sehr kurzfristig auf ihrer Internetseite mit. Ähnlich ergeht es Pendlern der Müglitztalbahn. Deren Triebwagen waren in den letzten Wochen immer wieder im Depot geblieben.

Die Bürgermeister von Neustadt und Sebnitz, Peter Mühle (NfN) und Mike Ruckh (CDU), hatten sich unabhängig voneinander mit Beschwerdebriefen an den Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) gewand. Mühle berichtete im jüngsten Technischen Ausschuss des Neustädter Stadtrates, dass der VVO ihm mitgeteilt habe, man sei über die Zugausfälle genauso verärgert wie die Kunden. Der VVO ziehe in Erwägung, der Städtebahn die Zuschüsse zu kürzen. „Die Züge zwischen Sebnitz und Neustadt sollen auch den gesamten September über nicht fahren“, sagt Mühle. Auf der Website der Städtebahn ist der Schienenersatzverkehr nur bis zum 31. August angegeben. Allerdings bestätigt Städtebahn-Geschäftsführer Torsten Sewerin auf Nachfrage den verlängerten Busverkehr.

Entschuldigung gefordert

Denn es stehen demnächst Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) an. Sein Ziel ist es, in seinem Unternehmen Streiks zu vermeiden, sagt Sewerin. Für die Verhandlungen müsse er allerdings zwei Lokführer freistellen. Deshalb werden auf der Verbindung zwischen Neustadt und Sebnitz auch noch im September Busse statt Züge fahren. Sewerin ist aber auch bemüht, positive Neuigkeiten zu verkünden: Anfang der Woche habe er zwei neue Lokführer für den Einsatz gewinnen können. Außerdem stünden Bewerbungsgespräche mit Lokführern an,

Beim Verkehrsverbund Oberelbe (VVO), der den Zugverkehr im Dresdner Umland bestellt hat, ist man mit der Situation „extrem unzufrieden“, sagte VVO-Sprecher Christian Schlemper. Schließlich habe man Bahn- und nicht Busverkehr bestellt. „Wir haben die Städtebahn aufgefordert, die zugesicherten Leistungen zu erbringen und sich bei den Fahrgästen zu entschuldigen.“

Rückendeckung bekommt der Verkehrsverbund vom Fahrgastverband Pro Bahn, der die Interessen der Bahnfahrer gegenüber den Eisenbahnunternehmen vertritt. Dass der Städtebahn Lokführer fehlen, liege auch an deren Personalpolitik, sagt Ronny Hausdorf, Vorsitzender des Landesverbandes Mitteldeutschland. „Außer der Deutschen Bahn bildet kein Verkehrsunternehmen im großen Stil aus.“ Wer sich über fehlende Fachkräfte beklage, sollte sich fragen, was er gegen den Mangel getan habe. Hausdorf fordert, dass der Beruf des Lokführers aufgewertet wird. Bahnkunden rät er, sich bei der Städtebahn und den Landtagsabgeordneten zu beschweren. „Letztere sollten sich für eine ausreichende Finanzierung des öffentlichen Verkehrs einsetzen“, fordert Hausdorf.

Es wäre schon hilfreich, wenn der Freistaat das Geld vom Bund, das dieser für den Nahverkehr bereitstellt, auch dafür verwendet. Bisher würden damit auch andere Aufgaben – wie der Schülerverkehr – finanziert, die eigentlich mit Landesmitteln zu bestreiten wären, so Hausdorf.

Der Fahrgastverband Pro Bahn drängt indes den Verkehrsverbund, Lösungen zu finden. Auch Kunden fordern das. Einige haben sogar die Kündigung des Vertrages mit der Städtebahn verlangt, sagt VVO-Sprecher Schlemper. Doch darüber denke man momentan noch nicht nach. Würde man der Städtebahn kündigen, würde sich die Lage zunächst verschärfen. „Zuerst einmal müsste der VVO ein anderes Bahnunternehmen finden, dass die Strecken befahren möchte und kann“, erklärt Schlemper. Und bevor dieses Unternehmen den Betrieb aufnehmen kann, müsste es Triebwagen und Mitarbeiter finden, Letztere auch noch schulen. Und das könnte dauern, da es praktisch keine Triebwagen und Lokführer gibt. Die Bahnkunden müssten über längere Zeit mit einem Schienenersatzverkehr leben.

Schlemper gibt auch zu bedenken, dass eine Neuausschreibung hohe Kosten verursachen würde. Ein neues Angebot einzuholen, liefe letztlich auf eine weitere Preissteigerung hinaus. Aufgrund dieser komplizierten Gemengelage versucht es der VVO weiter mit dem erhobenen Zeigefinger. Er appelliert an die Städtebahn, die Verträge einzuhalten.