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Abschied vom Töpferladen

Monatelang hat Rosemarie Römer einen Nachfolger für ihr Bautzener Geschäft gesucht – vergeblich. Nun gibt sie auf.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Leicht fällt es Rosemarie Römer nicht, ihr Geschäft für immer zu schließen. Den Entschluss dazu hatte sie bereits im Sommer gefasst. Damals hatte sie noch die Hoffnung, einen Nachfolger zu finden, der genau so viel Freude wie sie am Verkauf von Lausitzer Töpferwaren hat. „Ich hätte dem potenziellen neuen Ladeninhaber gerne auch noch gelegentlich ausgeholfen“, sagt die 64-Jährige. Doch es fand sich kein Interessent. Allmählich leeren sich nun die Regale, die Rosemarie Römer bei ihrem Neustart An den Fleischbänken 4 vor 27 Jahren extra anfertigen ließ. Sie hofft, so viel wie möglich noch ausverkaufen zu können, bevor sie die Ladentür am 30. Dezember endgültig zuschließt.

Erfahrungsgemäß seien die Monate Januar und Februar immer eine Saure-Gurken-Zeit gewesen. Also hätte es auch nicht viel Sinn gehabt, noch länger zu öffnen, sagt die Geschäftsfrau, die nun schon seit über 40 Jahren mit Töpferwaren handelt. Eigentlich hatte die Kleinwelkaerin ja Elektronikfacharbeiter im Bautzener Fernmeldewerk gelernt. Doch dann heiratete sie in die traditionsreiche Firma Römer ein.

Der Familienbetrieb war schon seit 1849 auf der Steinstraße 35 ansässig und wurde von Generation zu Generation immer weiter gegeben. Anfangs seien die Römers Ofensetzer gewesen. Da es zu diesen Zeiten noch keine moderne Kommunikationstechnik gab, kamen die Kunden in die Werkstatt, um einen Ofen zu bestellen. Da habe es sich dann eben so ergeben, dass die Frauen der Ofensetzer anfingen, mit Töpferwaren zu handeln. Zunächst ging Rosemarie Römer ab 1976 ihrer Schwiegermutter Ursula Römer im Geschäft zur Hand, ehe sie es 1987 allein übernahm.

Ein Krug als Ausgängeschild

In der Wendezeit kam dann der Umzug in die Räume An den Fleischbänken 4. Dort war zuvor eine Arztpraxis ansässig gewesen. Rosemarie Römer ließ sich das Geschäft mit den schönen Kreuzgewölben ganz nach ihrem Geschmack herrichten. Der große blaue Krug mit den weißen Punkten über der Tür sei im wahrsten Sinne des Wortes ihr Aushängeschild gewesen. Vor allem Touristen hatten sich immer sehr gefreut, in der Nähe des Domes und des Wjelbik-Restaurants ein Geschäft mit handwerklich hergestellten Produkten aus der Region zu finden. Touristen hätten ja in der Regel nicht die Zeit und die Möglichkeit, selbst in eine Töpferwerkstatt zu fahren. Rosemarie Römer hatte in ihrem Schubkasten die Schwämmel liegen, mit denen die Krüge und Vasen verziert werden. Anhand dieser kleinen Stempel erläuterte sie den Kunden, wie die Muster auf das Produkt kommen.

Bezogen hat Rosemarie Römer ihre Waren von allen renommierten Töpfereien aus der Ober- und auch aus der Niederlausitz. Nach so vielen Jahren hatten sich enge Geschäftsbeziehungen aufgebaut, Vertrauen war gewachsen. Und auch zu den Kunden aus Bautzen und Umgebung bauten sich enge Beziehungen auf. „Man kannte dann schon von den Familien gleich mehrere Generationen“, sagt Rosemarie Römer. Und von manchen Kunden wusste sie zwar nicht den Namen, aber sie kannte genau ihren Geschmack und welche Muster sie bevorzugten. Das alles gibt man nicht so einfach auf. Dennoch geht Rosemarie Römer, die das Geschäft immer als Einzelkämpferin geführt hatte, nun mutig diesen Schritt. Denn sie möchte sich in ihrem Ruhestand für all das mehr Zeit nehmen können, was bislang immer etwas zu kurz gekommen ist.

So habe sie ihren großen Garten daheim in Kleinwelka gar nicht richtig genießen können. Nun will sie dort mehr herumwerkeln, aber auch einfach nur mal mit einem Buch in der Sonne sitzen. Und auch ihre Tochter, den Schwiegersohn und die drei Enkelkinder, die in den Altbundesländern leben, möchte sie künftig etwas häufiger besuchen. Obwohl sie bei fast jedem Wetter mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr, soll der Sport insgesamt wieder mehr Raum in ihrem Leben einnehmen. Und natürlich möchte sie nun auch öfter mal verreisen. Denn gerade in der Urlaubszeit und auch zu Ostern musste sie im Geschäft die Stellung halten. „Etwas fehlen wird mir am Ende aber doch“, vermutet Rosemarie Römer. Vor allem die vielen netten Gespräche mit ihren Kunden.