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Ab sofort Schockbilder auf allen Zigarettenschachteln

Die Warnhinweise sollen vor allem junge Menschen vom Rauchen abhalten. Bislang durften alte Verpackungen noch verkauft werden. Nun ist Schluss.

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© dpa

Von André Stahl, Berlin

Der 19. Mai gehört in der Tabakwirtschaft nicht unbedingt zu den Jubeltagen. Vor drei Jahren trat die EU-Tabakrichtlinie in Kraft, die zwei Jahre später dann auch in Deutschland umgesetzt wurde. Seit dem 19. Mai 2016 mussten sich Raucher daher hierzulande daran gewöhnen, dass Zigaretten- und Tabakschachteln mit großen Schockbildern und Warnhinweisen versehen werden. Am Freitag läuft nun die Frist aus, in der die letzten Alt-Verpackungen noch ohne Gruselfotos im Handel geduldet wurden.

Noch gibt es sie, Schachteln im alten Design ganz ohne großflächige Bilder von faulenden Raucherbeinen, schwarzen Zahnstümpfen oder zerfressenen Lungen. Es sind letzte Auslaufmodelle, die noch schnell massenweise nach den alten Regeln gedruckt worden waren. Nach Darstellung der Zigarettenindustrie haben die großen Hersteller bekannter Marken ihre Produktion längst umgestellt. Es seien eher kleinere Hersteller, die die Abverkaufsfrist noch genutzt hätten.

Der Streit zwischen Tabakbranche und Politik ist damit aber nicht beendet. Der Deutsche Zigarettenverband beklagte schon vor Inkrafttreten der schärferen Regeln eine Benachteiligung gegenüber Konkurrenten. Vor allem in den osteuropäischen Nachbarländern hätten Hersteller mehr Zeit für die Umstellung erhalten, sagt Geschäftsführer Jan Mücke. „Deutschland ist mal wieder der Musterknabe gewesen“, sagt Mücke. Durch die aus Sicht der Branche zu kurze Frist für die Umrüstung seien kleinere Unternehmen in existenzielle Nöte geraten. Ein Verfahren sei noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

Von der Wirksamkeit der Schockbilder ist Zigaretten-Lobbyist Mücke ohnehin nicht überzeugt: „Sie zeigen so gut wie keine Wirkung.“ Einen leichten Rückgang des Tabakkonsums habe es schon davor gegeben. Genaues könne man erst nach Ende des Abverkaufs sagen – und wenn in anderen EU-Ländern die Vorgaben umgesetzt sind. Schon jetzt sei aber eine Zunahme der nicht in Deutschland versteuerten Zigaretten zu beobachten – insbesondere in Grenzregionen zu Polen. In Berlin komme mittlerweile gut die Hälfte der gerauchten Zigaretten aus dem Ausland.

Unruhe herrscht beim Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA). Auslöser sind neue Vorgaben, die dazu führen könnten, dass Zigarettenautomaten im herkömmlichen Design bald ausgedient haben. Es geht darum, dass die großen Warnhinweise und abschreckenden Fotos auf den Schachteln auch beim Verkauf nicht verdeckt sein dürfen – etwa durch geschickt platzierte Vorsteck-Karten in Verkaufsregalen. Und auch nicht in Automaten. Weshalb die Politik Druck macht. Die Warnhinweise dürften „zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht teilweise oder vollständig verdeckt werden“, heißt es beim Bundeslandwirtschaftsministerium mit Verweis auf den Bundesrat. Der hatte beschlossen, dass auch in Automaten die Schockbilder sichtbar sein müssen.

Wie das umgesetzt werden soll, darüber rätselt die Branche, die noch 330 000 Zigarettenautomaten betreibt. Diese spielen vor allem in kleineren Städten und auf dem Land noch eine Rolle, wo es kaum Spätverkaufsstellen oder nur wenige Rund-um-die-Uhr-Tankstellen gibt. 2016 seien noch gut 11 Prozent der Zigaretten über Automaten abgesetzt worden, heißt es. Auch diesmal wird um Übergangsfristen gestritten. (dpa)