Von Irmela Hennig
Bei der Pressestelle der Stadt Dresden gab es gestern kaum ein anderes Thema als den Elch. Der junge Elchbulle, der zuvor mehrfach in Sachsen gesichtet worden ist, war am Montag in ein Verwaltungsgebäude des Siemenskonzerns in Dresden geflüchtet. Dort hatten ihn Mitarbeiter des Dresdner Zoos betäubt. Inzwischen wurde das vielleicht aus Polen stammende Tier in Ostsachsen ausgesetzt. Nähere Angaben zum Ort machte die Pressestelle nicht. Gerüchte, wonach der Elch nach Polen gebracht wurde, verneinte die Stadt Dresden.
Elchbulle in Dresden aufgetaucht
Der Elch hat auch keinen Platz im Moritzburger Wildgehege bekommen, das ist zu klein. Bei den Elchen auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Dauban in der Oberlausitz konnte das Tier ebenso wenig unterkommen. Der dort zuständige Elchbetreuer Michael Striese ist angefragt worden, lehnte aber ab. Zum einen ist auch in dem umzäunten Gelände zwischen Bautzen und Niesky der Platz nicht ausreichend. Striese will seinen eigenen Elchbestand verringern. Zum anderen würde ein wilder Elch nie in einem Gatter bleiben. So ein Zaun sei für ihn kein Hindernis.
Der Biologe Michael Striese, der seit 2001 Elche in der Oberlausitz betreut, hält es für wahrscheinlich, dass der junge Bulle nun wieder gen Westen läuft. „Wenn er einmal eine Richtung angepeilt hat, behält er sie bei“, so Michael Striese. Er müsse nicht unbedingt wieder nach Dresden kommen. Die genaue Route sei von vielen Faktoren abhängig. Striese befürchtet allerdings, das Tier könnte am Ende sogar auf einer Autobahn landen.
Dass ein Elchbulle wandert, ist für den Biologen selbstverständlich. Wenn eine Elchkuh Nachwuchs bekommt, vertreibt sie ihre Jungtiere – männliche wie weibliche. Während junge Kühe oft in der Region der Mutter bleiben, ziehen Bullen auf der Suche nach einem eigenen Revier und einer Partnerin zur Paarung oft sehr weit. In Dänemark sei 2001 ein Elch aufgetaucht, der aus Schweden dorthin geschwommen ist. Er wurde schließlich von einem Zug erfasst. Weite Wegstrecken sind für Elche also kein Thema. Die Strecke von der Oberlausitz nach Dresden könnte der Bulle problemlos meistern. Bei der Pressestelle der Stadt Dresden vermutet man aber, der Elch könne nun nach Polen wandern, weil er vermutlich von dort stammt. Untere und Obere Jagdbehörde hätten sich abgestimmt, wo sie das Tier aussetzen. Dem Elch gehe es sicher gut.
Einen Sender hat der Vierbeiner übrigens nicht erhalten. Damit werden einige Wildtiere ausgestattet, um zu ermitteln, wie sie sich bewegen, ausbreiten und generell leben. Die Wölfe in Ostsachsen erhalten zum Beispiel immer wieder mal GPS-Sender. Noch gibt es im Freistaat aber nur ein passives Elchmonitoring – das bedeutet, es werden seit 2009 lediglich die Meldungen über Sichtungen und Ähnliches gesammelt. Dafür zuständig ist Forstingenieur Mark Nitze von der Technischen Universität Dresden. Er gibt an, dass in Sachsen seit dem Auftauchen von Elch Knutschi in den Jahren 2008/2009 nichts mehr passiert sei. Insgesamt hielten sich seit 1990 wohl 20 wilde Elche in Sachsen auf, weiß Michael Striese. Eine eigene Population gäbe es hier bislang nicht. Anders in Brandenburg – dort kennt man ein kleines Vorkommen.